Zur Schlossgeschichte
1277 wird in Brochenzell ein festes Haus ( = Burg ) erwähnt
1401 kommt mit dem Ort die schadhafte Burg an den Konstanzer Bürger Konrad
Ruh
1447 kaufen die Herren von Humpis die Herrschaft Brochenzell, sie erbauen Mitte
des 16.Jahrhunderts an Stelle der Burg ein kleines Schloß
1624 wird das Humpisschloß grundlegend erneuert, mit Ecktürmen und einem
Brunnen
1721 erwirbt das Kloster Weingarten die Herrschaft Brochenzell
1748 wird das Schloß renoviert und als Amtshaus ausgebaut
1803 nach der Säkularisierung ergigt sich ein häufiger Besitzerwechsel
1810 errichtet Würtemberg im Schloß die Schultheißerei Brochenzell
1823 wird die Ortsverwaltung nach Ettenkirch verlegt, das Schloß verliert seine
herrschaftliche Bedeutung
1983 erwirbt die Gemeinde Meckenbeuren im Rahmen der Dorfentwicklung das
Humpisschloß
1994 der Förderverein Humpisschloß Brochenzell wird gegründet
2000 am 1.Juli ist das Schloss offiziell eingeweiht und die Wirtschaft an seinen
Pächter übergeben worden.
.
Das
Schloss in privater Hand
Am
22. April 1822 kaufte Johann Baptist Ehrle aus Langentrog, der
Schwiegersohn des letzten Brochenzeller Ammanns Sebastian Kreutzer, das
ehemalige herrschaftliche Gut für 230 Gulden. Damit kam das Gut, das von
1702 bis 1810 von drei Kreutzer-Generationen bewirtschaftet worden war, in
den Besitz ihrer Nachkommen. Nach dem Kautbuch der Gemeinde Ettenkirch
umfasste diese Privatisierung eigentlich zwei Güter: Das bisherige
Fall-Lehengut " St. Philippus " mit 7 3/8 Jauchert Acker und 84
Ruten Wiesen und das Schlossgut "St. Sebastian".
Dazu gehörten ein zweistöckiges Wohnhaus,
das Schloss, eine eineinhalbstöckige Scheuer mit zwei Tennen, zwei
Stallungen, ein Wagenschopf, sowie ein Wasch- und ein Backhaus, 6 1/2
Jauchert 71 Ruten Hofgarten, 12 7/8 Jauchert 23 Ruten Wiesen, 30 3/4
Jauchert 51 1/2 Ruten Ackerland und 16 Morgen Wald im Haasenmoos. Die
Zinsen wurden beim Kauf nicht abgelöst, so dass das Schlossgut
„grundeigen“ aber nicht
„zinsfrei“ war. Dem Staat waren
somit 64 Gulden 18 Kreuzer sowie je 10 Scheffel 6 Simri Dinkel und Hafer
als Jahreszins zu entrichten.
Alle folgenden Besitzerwechsel vollzogen sich stets innerhalb des
Nachkommen- und Verwandtenkreises des Käuferehepaares Johann Baptist
Ehrle und Maria Anna Kreutzer. Ihnen folgte zunächst Sohn Stephan,
verheiratet mit Theresia Füssinger
aus Sibratsreute bei Waldburg.
Dieser löste 1849 die noch auf dem "Zinsgut" lastenden
ehemaligen Lehenszinsen ab und übergab den Hof 1869 an seinen Sohn
Wilhelm unter dem Vorbehalt eines Leibgedings und eines lebenslangen
Wohnrechtes. Wilhelms Frau, Maria Anna geborene Hage, war in erster Ehe
mit Ulrich Gut aus Bergatreute verheiratet gewesen.
Als dem überschuldeten Besitz nach dem Tod ihres zweiten Mannes der
Konkurs drohte, kaufte sie selbst 1877 das Schlossgut für 20.500 Mark. In
dritter Ehe heiratete sie Johann Baptist Bauknecht aus Lehorn, der das
Anwesen übernahm. Mit seinem Ehe- kontrakt adoptierte er 1878
gleichzeitig die vier leiblichen Kinder aus der ersten Ehe seiner Frau.
Bei der Erbteilung nach dem Tod der Eheleute übernahm die älte- ste
Tochter Caroline Gut 1887 das An- wesen ihres Adoptivvaters um 23.000
Mark. Ihre drei Geschwister erhielten je 7.000 Mark Abfindung.
Caroline Gut brachte das Schloss mit allem Zubehör 1891 in ihre Ehe mit
Viktor Rock aus Hepbach ein. Ihnen folgte später als Besitzer ihr Sohn
Otto Rock und dessen Ehefrau Rosa: Lanz aus Ackenbach. Kin- derlos
Witwe geworden bewirtschaftete Rosa Rock das Schloss bis zu ihrem Tod 1967
und vererbte es an ihren Bruder Karl Lanz in Ackenbach, der es 1976 an
seine Tochter Elisabeth weitergab. Diese veräußerte 1982 das gesamte Gut
an die Gemeinde Meckenbeuren. Der Verkauf erfolgte im Rahmen der
Dorfentwicklung in Brochenzell. Damit ging das vormals herrschaftliche
Haus nach 160 Jahren wieder in öffentlichen Besitz über.
Die
einzelnen Inhaber haben das Schlossgebäude
jeweils ihren Bedürfnissen
und Erfordernissen angepasst. Dabei spielte vor
allem die bereits 1702
eingerichtete Gaststätte aus wirtschaftlicher und sozialintegrativer
Sicht eine tragen- de Rolle. Durch sie kamen Menschen in das Gebäude, die
Gemeinschaft und Ge- selligkeit suchten und pflegten. Für die Bevölkerung
von Brochenzell hat das Schloss nie seinen historischen und gemeinschaftsfördernden
Charakter verloren. Mit der Renovierung des Humpisschlosses hat die
Gemeinde Meckenbeuren nun zusammen mit engagierten Bürgern einen
wesentlichen Beitrag zur Zukunftssicherung des Schlosses, eines ihrer
wenigen und wichtigsten historischen Bauwerke geleistet.
Schloss
Brochenzell um 1937
Westseite,
wie sie 1748 baulich gestaltet wurde und sich im Wesentlichen bis heute präsentiert.
Unter den Fenstern des ersten Obergeschosses die Werbetafel
„Gasthaus zum Schloss von Otto Rock“. (Privatfoto)